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Die Codes von Klassik-Konzerten neu denken, für mehr Vielfalt im Publikum

L’Oeil du Public hat mit drei Institutionen der klassischen Musik in Deutschland, Spanien und der Schweiz gesprochen, um zu erörtern, welche Möglichkeiten es gibt, das Publikum zu verjüngen. Welche Lösungsansätze setzen die Institutionen ein? Mit welchen Ergebnissen? Drei Interviews, die das Herz höherschlagen lassen: Ja, es ist möglich das Publikum zu verjüngern! 

Hören Jugendliche keine klassische Musik mehr? Falsch!

Eine britische Studie ergab im Jahr 2020, dass junge Menschen unter 35 Jahren immer mehr klassische Musik hören. Die 18- bis 25-Jährigen machten damals ein Drittel der Online-Hörer*innen klassischer Musik aus[1]. Bei L’Oeil du Public haben wir bei mehreren Einsätzen – mit einiger Überraschung – beobachtet, dass junge Menschen deutlich mehr klassische Musik hören, als man sich denkt.

Wo liegt also das Problem? Wenn die junge Generation für klassische Musik empfänglich ist – weil sie sie hört -, wie kann man dann dafür sorgen, dass sich diese Affinität in einem Konzerterlebnis niederschlägt?

Wir trafen uns mit Juri de Marco, künstlerischer Leiter des Orchesters Stegreif – The Improvising Symphony Orchestra (Berlin), Pierre Bouillard, stellvertretender Direktor und Marketingleiter des Palau de les Arts (Valencia) und Yvonne Braun, Leiterin Marketing & Kommunikation des Festivals Septembre Musical Montreux-Vevey.

Seit dem Lockdown soll die Beliebtheit klassischer Musik bei jungen Menschen stark zugenommen haben, vor allem dank der Streaming-Plattformen und Popularität auf TikTok (siehe oben zitierte Studie). In Verbindung mit einer jungen Marke gelingt es der klassischen Musik, neue Anhänger*innen zu gewinnen.

Es stimmt zwar, dass Plattformen den Online-Zugang erleichtern, aber das junge Publikum besucht Konzertsäle und Festivals für klassische Musik nur sehr selten[2]. Die Besorgnis ist allgegenwärtig. Um ein breiteres Publikum anzusprechen, werden immer mehr Initiativen ergriffen und zahlreiche Experimente mit sehr unterschiedlichen Formaten durchgeführt. Drei Institutionen berichten über ihre Erfahrungen und Strategien.

 

Die Codes des klassischen Konzerts völlig neu denken

Juri de Marco, Künstlerischer Leiter -Stegreif, The Improvising Symphony Orchestra, Berlin.
«Wir bieten dem Publikum ein neuartiges Konzerterlebnis aus nächster Nähe»

Wenn er die Geschichte von Stegreif erzählt, ist seine Begeisterung ansteckend. Juri de Marco ist Trompeter und Kornettist. Nach mehreren Jahren in verschiedenen klassischen Orchestern möchte er den Zugang zur klassischen Musik erneuern, sowohl für die Musiker*innen als auch für das Publikum. Er beschliesst daher, sein eigenes Orchester zu gründen.
Lust auf Kommunikation zwischen den Musiker*innen und dem Publikum, Lust auf eine Beziehung «auf Augenhöhe» zum Publikum, Lust auf die Integration verschiedener Musikstile, Lust auf Improvisation.
Er bringt etwa 30 junge Musiker*innen zusammen, die wie er von dem Wunsch beseelt sind, klassische Musik auf eine andere, kollegialere Art und Weise zu erleben und zu teilen. 2015 gründete er in Berlin das Stegreif – The Improvising Symphony Orchestra.

Das Konzept von Stegreif: Platz für das Kollektiv schaffen, um das Potenzial der Gruppe besser zu nutzen und jedem/jeder Einzelnen die Möglichkeit zu geben, seine/ihre Musik voll auszudrücken. Dies geschieht durch die Ablösung der traditionellen, streng hierarchischen Strukturen des Orchesters und durch eine kollegiale Arbeitsweise.

#FREEBEETHOVEN

«Konkret bedeutet das, dass wir ohne Dirigent*in, ohne Noten und im Stehen spielen; so nutzen wir die gewonnene Freiheit, um zu improvisieren und uns zu bewegen«, erklärt Juri de Marco. «Die daraus resultierende musikalische Spontaneität und die Intensität der Aufführung bieten dem Publikum ein neuartiges Konzerterlebnis aus nächster Nähe. Das Publikum kann sich frei im Raum bewegen – der Konzertsaal, das Auditorium, die Zuschauerränge, alles wird zur Bühne

Es ist also eine Arbeit an der eigentlichen DNA des klassischen Konzerts, die Stegreif unternommen hat. Die Codes des Konzerts werden neu überdacht. Aber dieses Reset hört nicht beim Konzertformat auf. Auch der künstlerische Ansatz wird neu überdacht, indem der Improvisation Raum gegeben wird: «Die klassischen Kompositionen werden durch die verschiedenen musikalischen Einflüsse und Hintergründe unserer Musiker*innen bereichert, wodurch ein lebendiger Zugang zur Musik und ein musikalisches Erlebnis für das Publikum entsteht.» #FREEBETHOVEN #FREEBRAHMS #FREEMALHER… Die Namen, die den Konzerten gegeben werden, zeugen von der Bedeutung, welcher der Improvisation eingeräumt wird.

«Wenn sich das Publikum in seiner Komfortzone befindet, ist es auch in der Lage, sich für etwas Neues zu öffnen».

Das Orchester geht auch in seiner Beziehung zum Publikum neue Wege. Um sich bekannt zu machen, entscheiden sie sich dafür, das Publikum dort zu treffen, wo es sich aufhält: In Jazzclubs und auf Festivals, mit einer kleinen Besetzung, die aus fünf Kammermusiker*innen und einem/einer E-Musiker*in besteht. Für Juri de Marco «geht dieser Ansatz von der Feststellung aus, dass das Publikum, wenn es sich in seiner Komfortzone befindet, auch fähig und sogar neugierig ist, sich für etwas Neues zu öffnen». Stegreif ist damit ein Gegenentwurf zu einem Diskurs, den man manchmal hier und da hören kann und der darauf abzielt, das Publikum aus seiner Komfortzone hinaus zu drängen.

Die Beziehung zum Publikum im Zentrum der Strategie

Die Nähe zum Publikum ist ein integraler Bestandteil der Kultur von Stegreif: « Wir gehen auf sie [die Leute im Publikum] zu, um ihre Sorgen und Interessen zu erfahren, was sie motiviert, was sie beeindruckt. Auf der Grundlage dieses Austauschs bauen wir unsere Produktionen auf.» Zum Beispiel bietet das Programm #BECHANGE eine Reihe von Konzerten, in denen Inszenierung und Improvisation aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit, Krieg, Frieden, Zukunft und neue Technologien einbeziehen.

Auf die Frage, wie sich sein Publikum heute zusammensetzt, stellt Juri de Marco fest, dass es sehr heterogen ist: Familien mit Kindern, Jugendliche, Ältere, welche die grossen Klassiker schätzen, alle sozialen Schichten sind vertreten. Stegreif zielt einerseits auf junge Menschen mit einer Affinität zu klassischer Musik und andererseits auf ältere Musikliebhaber*innen, die offen für einen anderen Ansatz sind, ab. Denn der innovative Ansatz von Stegreif bedeutet nicht, dass das traditionelle, an Konzertsäle gewöhnte Publikum auf Distanz gehalten wird. «Nach einem Konzert mit einer «Neukomposition» von Brahms hat mich eine Zuschauerin besonders berührt, als sie mir anvertraute, dass sie das Werk bereits kannte, unsere Interpretation ihr aber das Gefühl gegeben habe, es zum ersten Mal zu entdecken.»

Mission & Vision definieren: Der unumgängliche Schritt

Die Vision von Stegreif? «Die Zuschauerin / den Zuschauer zu begeistern, die Menschen zu berühren, ihre Lebensfreude zu wecken». Juri de Marco teilt diese Vision auch mit Orchestern junger , die sich auf eine kollektive Erfahrung der Vermittlung klassischer Musik einlassen möchten. Mit seinem Team bietet er Workshops an, um die Orchester auf diesem Weg zu begleiten. Die Mission und die Ziele des Orchesters definieren; wie man ohne Dirigent*in arbeitet; wie man sich dem Publikum nähert; wie man mit Improvisation umgeht; wie man die Themen (musikalisch, gesellschaftlich, künstlerisch) identifiziert, die das Orchester bewegen; wie man präzisiert, was das Orchester vermitteln möchte… All dies sind Denkansätz , die über die Definition des Konzertprogramms hinausgehen.

Für Stegreif ist es definitiv der andersartige künstlerische Ansatz, der Mut, einen anderen Weg vorzuschlagen, und die Nähe zum Publikum, die zur Gewinnung eines jüngeren und vielfältigeren Publikums beitragen.

Publikumserwartungen stärker in die Strategiefestlegung einbeziehen


Pierre Bouillard, Stellvertretender Direktor und Marketingleiter, Palau de les Arts, Valencia – Spanien
«Ein jüngeres Publikum ansprechen, indem wir eine Brücke zwischen den verschiedenen Kunstformen schlagen»

Sein Publikum zu verjüngern: Dem Palau de les Arts Reina Sofía – der Oper von Valencia – ist dies gelungen. Und das ist sogar eine kleine Revolution für die Institution. Zwischen der Saison 2018-2019 und 2022-2023 ist das Durchschnittsalter des Publikums von 58 Jahren auf unter gesunken. Zwar haben die Besucherzahlen der über 60-Jährigen das Vor-Pandemie-Niveau nicht vollständig wieder erreicht. Aber dieser drastische Rückgang des Durchschnittsalters um 11 Jahre wäre nicht möglich gewesen, wenn nicht seit 2019 das künstlerische Angebot neugestaltet worden wäre, mit dem jungen Publikum im Fokus.

«Ich liebe Surfen und Zarzuela»

«In erster Linie ist dies einem neuen künstlerischen Ansatz zu verdanken; wir sind von einem Programm, das sich sehr stark auf klassische Opern konzentriert, zu einem vielfältigeren, zugänglicheren Repertoire übergegangen: internationale Produktionen, die Interesse und Neugierde erzeugen «, erklärt Pierre Bouillard, stellvertretender Direktor und Marketingleiter von Palau de Les Arts.

Um das Publikum zu gewinnen und zu binden, bedarf es auch verstärkter Anstrengungen in der Kommunikation. Botschaften, die ansprechen, zum Nachdenken anregen und Emotionen vermitteln. Vielseitige, unvorhersehbare Kampagnen mit schrägen Botschaften wie «Ich liebe Fussball und die Oper», «Ich liebe Surfen und Zarzuela». Und natürlich eine Konzentration der Mittel auf die sozialen Netzwerke. Mit 30.000 Follower*innen auf Instagram verfügt die Oper über eine gezielte und flexible Plattform, welche die Interaktion mit ihrem Publikum ermöglicht.

Aufbau von Synergien zwischen der Oper und anderen Kunstformen

Aber es war eine andere wichtige Massnahme, die zweifellos die Türen der Oper für ein junges Publikum geöffnet hat: Sechsmal im Jahr sind ausschliesslich für junge Menschen unter 28 Jahren und zu einem Vorzugspreis von 10 Euro zugänglich. «Dank einer gezielten digitalen Kommunikation wurde dieses Angebot schnell ein grosser Erfolg. Für die Spielzeit 2022-2023 sind die Probevorstellungen zwei bis drei Monate im Voraus ausgebucht! Wann immer es möglich ist, bereichern wir diese Erfahrung mit einem DJ/einer DJane nach der Aufführung. Diese Synergien mit anderen Disziplinen versuchen wir zu entwickeln, damit der Opernbesuch überraschend und erlebnisreich ist.» In diesem Jahr hat der Chefkoch des Restaurants sogar Menüs kreiert, die von der aktuellen Oper inspiriert sind. Und das trägt Früchte: «Das junge Publikum, das von diesem aussergewöhnlichen Angebot profitiert, kommt wieder, um andere Werke zu sehen».

Pierre Bouillard verfolgt die Entwicklung seines Publikums sehr genau. Seit seinem Amtsantritt wurde viel Aufwand in die Sammlung und Analyse von Daten investiert, die für die Festlegung und Umsetzung einer Strategie unerlässlich sind. «In den Jahren 2022-2023 haben die Jugendlichen das gesamte Programm durchprobiert, Tanz, Barock, Oper, Symphonie, Flamenco, lyrische Rezitale, Zarzuela, und nicht nur mit den Generalproben. 20 % der jungen Erstbesuche*innen kamen mindestens einmal in derselben Spielzeit wieder. Und 26% der jungen Leute, die 2021-2022 kamen, kamen in der Saison 2022-2023 wieder».

Pierre Bouillard sprüht vor Ideen, um Brücken zwischen verschiedenen Kunstformen zu bauen, die Oper zu popularisieren und ein vielfältiges Publikum anzulocken und dazu bringen, wiederzukommen. Eine Partnerschaft mit einer Fahrradverleihkette, Kooperationen mit Museen, Cinematheken , Beiträge im Comic-Stil … Wir möchten daran erinnern, was Pierre Bouillard im Februar 2023 in einem LinkedIn-Beitrag schrieb: «What can we do to bring the audience back to the performing arts? Back to marketing 1.0.1: Differentiation

 

Kommunikation: Von einer taktischen zu einer strategischen Vision gelangen


Yvonne Braun, Leiterin Marketing und Kommunikation– Septembre Musical Montreux-Vevey
«Kommunikation ist die Vertonung der Werte des Festivals «

Die Differenzierung ist eine der Säulen des strategischen Marketings. Und wir wiederholen es oft in diesem Blog, aber man kann es nicht oft genug sagen: Der Schritt zur Diversifizierung des Publikums muss daher in der Strategie der Institution verankert sein. Die Öffnung der Institution für ein jüngeres Publikum beginnt mit der (Neu-)Definition des Auftrags und der Vision der Institution. Mit vereinzelten Kommunikationsmassnahmen wird es nicht gelingen, die jüngeren Generationen zu erreichen und längerfristig zu halten. Kommunikation muss als Strategie verstanden werden – die sich aus dem zuvor definierten Auftrag ableitet. Das neue Team des Festivals Septembre Musical de Montreux-Vevey hat diese Veränderung vorgenommen, indem es seine Werte und Ziele neu definiert und auf dieser Grundlage eine globale Kommunikations-strategie entwickelt hat. «Kommunikation ist«, erklärt Yvonne Braun, Leiterin Marketing und Kommunikation des Festivals.

Als zweitältestes Festival für klassische Musik in der Schweiz bringt das Festival Septembre Musical de Montreux-Vevey jedes Jahr führende Orchester, Dirigent*innen und Solist*innen zusammen. Seit 2019 dreht sich das Programm um ein Gastland, dessen Kultur durch seine «klassische» Musik gefeiert wird, aber auch durch seine traditionelle Musik, seine kulinarischen Spezialitäten und seine visuellen Künste. Die Erfahrung des Festivals geht über den Besuch eines klassischen Konzerts hinaus.

Ein generationsübergreifendes Publikum zu Besuch bei der Festivalausgabe 2023

Angesichts der Festivalausgabe 2023, die mehr als 10.000 Zuschauer*innen zählte, ist Yvonne Braun zufrieden mit dem in den letzten fünf Jahren eingeschlagenen Weg. «Bei der diesjährigen Ausgabe haben wir festgestellt, dass unsere Veranstaltung ein Publikum aller Generationen zusammengebracht hat, das sehr vielfältig und sehr enthusiastisch war. Es fand ein schöner Austausch zwischen den Zuschauer*innen und den Künstler*innen statt.»

Dieser Erfolg ist einerseits auf das Programm zurückzuführen, andererseits ist er aber auch das Ergebnis eines strategischen Ansatzes für die Kommunikation: Nach der Neudefinition der Werte des Festivals und einer Untersuchung der Motivationen von Publikum und Nicht-Publikum hat das Festival eine digitale Strategie entwickelt. Diese Strategie führte zu einer grundlegenden Arbeit an der Website, um das Suchmaschinenranking zu verbessern, sowie zur Einführung von Tracking-Indikatoren, um die Leistung der Website und das Kundenerlebnis zu verbessern. Eine umfassende Planung der Kommunikation in sozialen Netzwerken sorgte für Konsistenz über alle Kontaktpunkte hinweg und ermöglichte eine genauere Ausrichtung auf das Zielpublikum. Ausserdem wurden personalisierte Newsletter eingeführt. Schliesslich hat eine gezielte Google-Ads-Kampagne in diesem Jahr dazu beigetragen, dass die Einnahmen aus dem Kartenverkauf mehr als das Sechsfache des in die Kampagne investierten Betrags betrugen. Aber, so betont Yvonne Braun, «die Diversifizierung unserer Kommunikationskanäle ist ebenfalls ein Schlüsselfaktor für unseren Erfolg: Die 2022 von L’Oeil du Public durchgeführte Studie hat bestätigt, dass auf lokaler Ebene beispielsweise Plakate ein extrem wichtiger Kanal sind, und dies auch bei der jungen Generation.»

Ergebnis: 1 von 4 Besucher*innen aus der jüngeren Generation

Diese gezielte Kommunikationsstrategie, verbunden mit einem Spezialtarif (CHF 10.-) für Kinder bis 16 Jahre, Studierende und Auszubildende, erklärt auch den Erfolg des Festivals beim jungen Publikum; im Jahr 2022 machte diese Kategorie 25% des zahlenden Publikums aus!

Eine weitere wichtige Erkenntnis, die zeigt, dass niedrige Preise, obgleich eine wirksame Taktik, auch nicht unverzichtbar sind: «Wie unser Publikum sind auch unsere Partnerschaften vielfältig. Einige von ihnen zielten darauf ab, ein bestimmtes Angebot hervorzuheben, bei dem der Preis nicht im Vordergrund stand. Und diese Partnerschaften sind auf ein äusserst positives Echo gestossen, was uns selbst überrascht hat.»

Die Zukunft vorbereiten… die junge Generation an die klassische Musik heranführen

Die klassische Musik zu vermitteln, ist auch die Aufgabe des Festivals, und das geschieht auch durch die Sensibilisierung von Kindern. So bietet das Festival jedes Jahr eine Vermittlungsaktion an und lädt Schulkinder aus der Region ein, im renommierten Auditorium Stravinski ein Instrument oder ein Werk zu entdecken oder sich mit einem Orchester auszutauschen. Bei der Ausgabe 2023 konnten fast 3000 Kinder diese einzigartige Erfahrung machen. Anekdote: Bei einer dieser Veranstaltungen kamen über 1.000 Kinder im Auditorium Stravinski zusammen und standen Richard Galliano gegenüber, der über sein Akkordeon sprach. Am Ende seines Vortrags fragt Richard Galliano das junge Publikum, ob es Fragen gibt, und Dutzende Hände schiessen in die Höhe. Die Begeisterung ist allgemein. «Da gab es doch eine gewisse Emotionalität…», erinnert sich Yvonne Braun. Die Zukunft vorzubereiten bedeutet, die junge Generation an die klassische Musik heranzuführen.

 

Symphonieorchester in Berlin, Oper in Valencia, Festival für klassische Musik in der Westschweiz: drei Institutionen, die mit unterschiedlichen Umfeldern und mit unterschiedlichen Ressourcen konfrontiert sind. Dennoch lassen sich bei der Diversifizierung und Verjüngung ihres Publikums zahlreiche Parallelen zwischen diesen drei Institutionen ziehen. Der Preis: Ermässigte Eintrittspreise sind ein wirksames Mittel, um ein preisbewusstes Publikum anzuziehen, und ein solider Hebel, um die Tür zur klassischen Musik zu öffnen. Aber der Preis ist nicht das A und O, um das Publikum zu verjüngen[3]. All dies sind Massnahmen, die alle umsetzen. Aber der entscheidende Faktor – eng verbunden mit dem Auftrag, den die Institution für sich selbst definiert hat – bleibt das Angebot an künstlerischen und erlebnisorientierten Werten, das darauf abzielen muss, dem Publikum einen einzigartigen Moment zu bescheren. Sei es durch das Aufbrechen der Codes der klassischen Musik wie mit dem Stegreif-Orchester oder durch gezielte Partnerschaften wie in der Oper von Valencia oder beim Festival Septembre Musical – das Wichtigste ist, dass man seiner Mission treu bleibt.

«Mission statt Ablenkung», bringt es Juri de Marco auf den Punkt.

 

[1] https://www.radioclassique.fr/classique/vous-allez-etre-surpris-par-cette-etude-sur-les-jeunes-et-la-musique-classique/

[2] Klassische Musik und alterndes Publikum: Mythos oder Realität? (loeildupublic.com)

[3] Zu diesem Thema kann man gewinnbringend den Artikel Institutions culturelles : l’éternel retour de la question des prix d’entrée von J.M. Tobelem auf der Webseite The Conversation lesen. Die Ausführungen sind sehr erhellend, auch wenn sie unserer Meinung nach an einer politischen Problematik vorbeigehen, die zunehmend auf den kulturellen Einrichtungen lastet.

Marie-Liesse Keller & Fabien Morf
© L’Oeil du Public

 

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