Linkes Bild mit Midjourney generiert
Wie sind die Auswirkungen von Corona auf die Kulturbesuche in Deutschland? Nach bereits vier Studien in der Schweiz wollten wir auch von der deutschen Wohnbevölkerung Antworten auf die Frage. Im März 2023 führten wir schliesslich in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museumsbund eine repräsentative Befragung durch.
Inwieweit hat die Bevölkerung in Deutschland nach Corona ihre Kulturbesuche wieder aufgenommen? Wie sind die Aussichten? Welchen Stellenwert haben dabei digitale Kulturangebote? In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Museumsbund gingen wir diesen und weiteren Fragen nach und führten die Studie Kulturbesuche in Zeiten von Corona in Deutschland durch. Mit der Befragung einer repräsentativen Stichprobe von über 1.000 Personen wurde der Puls der Bevölkerung in Deutschland in Bezug auf ihre Kulturbesuche in der Corona-Zeit gemessen.
Angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen wie Inflation, internationalen Konflikten und der anhaltenden Gesundheitskrise war es dringend notwendig, die Thematik der Rückkehr des Publikums in die Kultureinrichtungen nach der Coronakrise zu erforschen und fundierte Erkenntnisse zu erhalten. Aus diesen Gründen hat sich L’Oeil du Public mit dem Deutschen Museumsbund entschieden, dieses Forschungsprojekt zusammen umzusetzen.
Eine hohe Repräsentativität für aussagekräftige Erkenntnisse
Eine Stichprobe von 1.032 Personen mit jeweils pro Bundesland proportional aufgeteilter Anzahl an Teilnehmenden und Quoten gemäss Altersklasse, Gender und Bildungsniveau gewährleistete eine hohe statistische Repräsentativität und verbindliche Resultate.
Folgend ein Ausschnitt aus den Haupterkenntnissen:
Auch wenn die Besucherinnen und Besucher nach dem Ausklingen der Pandemie allmählich zurückkommen und die Stimmung in vielen Museen aktuell positiv ist, zeigt unsere Studie auch, dass die Rückkehr des Publikums in die Kulturinstitutionen nur teilweise zu beobachten ist. Opernhäuser, Theater und Kinos sind demnach deutlich stärker betroffen als Museen.
Grund für die Zurückhaltung ist unter anderem die neue Gewohnheit vermehrt zuhause zu bleiben. Die Intuition, dass sich eine neue Gewohnheit etabliert hat, ist nun in einer Dimension dokumentiert, die überraschen mag. Diese Erkenntnis unterstützt die Theorie des Cocooning-Effekts. Interessanterweise ist dieser Effekt nicht auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe beschränkt, sondern scheint weit verbreitet zu sein.
Zudem wird die Angst vor einer Corona-Ansteckung als Grund für die Zurückhaltung genannt. Ein weiterer Einfluss hat die finanzielle Situation der Befragten, welche durch die Inflation tendenziell schwieriger wurde. Die Studie zeigt, dass das Budget für Kulturbesuche in Zukunft eher gesenkt wird. Gute Nachrichten sind allerdings die Erkenntnissen zu den Abonnements, insgesamt scheint die Nachfrage an Abos im laufenden und kommenden Jahr zu steigen.
Es zeigte sich, dass digitale Kulturangebote zu 20 Prozent die Angebote vor Ort ersetzen. Dies ist zwar nicht unwesentlich, dennoch ist erkennbar, dass Digitales meist als Ergänzung der Besuche vor Ort angesehen wird. Das regelmässige Publikum, welches viele kulturelle Institutionen besucht, (Kulturpublikum) nutzt digitale Angebote signifikant häufiger. Wie auch andere Studien1 erkannt haben kann vermutet werden, dass digitale Angebote vor allem bestehende Kunden*innen bindet, aber weniger zur Gewinnung neuer Kunden*innen beiträgt. Allerdings bedarf es einer gezielten Untersuchung, um diese Vermutung zu bestätigen.
Deutschland vs. Schweiz – Gemeinsamkeiten & Unterschiede
Die Studie zu Deutschland (März 23) erlaubt einen Vergleich zu den früher durchgeführten Studie aus der Schweiz zu ziehen (Nov 22). Viele der Erkenntnisse sind deckungsgleich, dennoch gibt es signifikante Unterschiede:
Den Rückzug in die eigenen vier Wände fällt in Deutschland deutlicher aus als in der Schweiz. 51% der Wohnbevölkerung in Deutschland geben an seltener kulturelle Institutionen zu besuchen, in der Schweiz sind es 41%. Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich betreffend der Besuche von Restaurants und Bars mit 54% in Deutschland und 42% in der Schweiz. Die genannten Gründe für den Rückzug sind ähnlich. Einziger grosser Unterschied: Die Angst vor einer Corona-Ansteckung in Deutschland (39%) wird deutlich öfters genannt wie in der Schweiz (26%).
Entgegen möglichen Vermutungen, zeigen sich keine deutlichen Unterschiede bezüglich der finanziellen Sorgen der beiden Länder. Der Aussage „Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage (Inflation, Energiekrise) reduziere ich meine Ausgaben“ stimmen die Befragten in der Schweiz wie auch in Deutschland gleichermassen zu.
Die mehrheitlich übereinstimmenden Resultate lassen vermuten, dass die Gesundheitskrise, trotz länderspezifischer Unterschiede, ähnliche Auswirkungen auf das kulturelle Verhalten hatte.
Der Studienbericht ist auf folgender Seite kostenlos verfügbar: «Kultur nach Corona».
Für weitere Auskünfte und Details können Sie uns gerne kontaktieren!
1Otte G., Lübbe H., Baum J., Balzer D., Kulturelle Bildung und Kulturpartizipation in Deutschland, Institut für Soziologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), Juni 2022, https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/15790_DEU_HTML.php